Acacia by David Anthony Durham

Acacia by David Anthony Durham

Autor:David Anthony Durham
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: PeP eBooks


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Mena packte die verrosteten Ringe und drückte ihr Hinterteil in den Schlamm. Sie legte den Kopf in den Nacken und blickte zwischen den Säulen aus lebenden Krustentieren nach oben. Sie saß, wie so häufig, mit angehaltenem Atem auf dem sandigen Grund des Hafens, etwa dreißig Fuß unter Wasser. Ihr Haar umwallte ihren Kopf. Um sie herum ragte ein Schattenwald auf, gebildet von Ketten, die von der Wasseroberfläche herabhingen und am Grund verankert waren. Austern hingen zu Tausenden an den Kettengliedern. Ausgewachsen waren sie so groß wie ein Kinderkopf. Obwohl die Schale einen großen Teil dieser Masse bildete, konnten von einer Auster, in Kokosmilch gedünstet und mit Glasnudeln serviert, drei bis vier Personen satt werden. Sie waren eine Delikatesse, über die allein der Tempel verfügte. Der Verkauf der Schwarzaustern füllte jedes Mal die Truhen, wenn die Schwimmenden Händler den Inselarchipel besuchten.

Ihre Lunge begann zu brennen, bäumte sich in ihrem Brustkorb auf. Sämtliche Muskeln, bis zu den Fingerspitzen und Zehen, zuckten protestierend, jeder Teil von ihr brüllte vor Zorn auf. Jenseits der Austern leuchtete das türkisblaue Wasser, ließ Größe und Gewicht der Schalentiere umso deutlicher hervortreten, als wäre die Welt dort oben ein gesegneter Ort des Lichts, den sie nur durch einen gefährlichen Aufstieg wieder erreichen könnte. Sie ließ die verrosteten Ringe los und schwebte frei im Wasser. Während sie emporglitt, dem Licht entgegen, stieß sie einen Schwall Luftblasen aus, der vorauseilte. Sie war sich nie sicher, ob es an den Luftblasen lag oder ob die Austern ihr Nahen spürten, doch eine nach der anderen schloss ihre klaffende Schale und öffnete ihr so den Weg bis an die Oberfläche. Die letzten Momente waren die schlimmsten, die verzweifeltsten, wenn ihr ganzes Sein danach schrie, aus ihrer Haut zu fahren, überzeugt, dass sie zu lange in der Tiefe ausgeharrt hatte.

Den Mund zu einem Oval weit aufgerissen, brach sie durch die Oberfläche. Luft hüllte sie ein, genau wie Licht und Geräusche und Bewegungen, genau wie das Leben. Sie konnte das Bedürfnis, sich dieser seltsamen Tortur zu unterziehen, nicht erklären, doch hinterher war sie sich jedes Mal für eine Weile der Reinheit ihrer Seele gewiss. Darum sorgte sie sich, zumal an einem Tag wie diesem, da sie trauernden Eltern ins Gesicht blicken und schwören würde, dass der Tod eines Kindes ein Segen für sie alle sei, ein notwendiges Opfer und ein Geschenk, das zu geben sich alle Eltern wünschen sollten.

Sie verließ die Austernfarm am Vormittag. Fast eine halbe Stunde lang wanderte sie durch das Gewirr der Stege und schwimmenden Anlegepiers, die den flachen, halbmondförmigen Hafen fast ausfüllten. Der Teil des Hafens, der dem Tempel gehörte, war ein verlassenes Areal, in dem Mena viele Stunden verbrachte. Im Handelshafen dagegen herrschte ein Gewimmel von Händlern und Seeleuten, Fischern und Netzknüpfern. Sie zwängte sich zwischen den Ständen hindurch, an denen alle möglichen Lebensmittel feilgeboten wurden: Fisch und Krustentiere, Obst von den Plantagen an der Küste und Wild aus dem Bergdschungel. Im Singsang der Vumu-Sprache priesen die Verkäufer ihre Waren an. Sie schritt mit gelassener Zielstrebigkeit durch das Gedränge, während die Leute sie mit respektvoll geneigten Häuptern halblaut grüßten und Gebete murmelten.



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